Schiedsverfahren und Insolvenz

 

Bei einem Schiedsverfahren, welches aufgrund der Beteiligung eines Insolvenzverwalters oder aus inhaltlichen Gründen starke Bezüge zum Insolvenzrecht aufweist, treffen zwei rechtliche Spezialgebiete aufeinander – das Schiedsrecht und das Insolvenzrecht. Beide Materien beeinflussen sich in diesem Kreuzungsbereich gegenseitig in erheblichem Umfang:

 

So sind besondere inhaltliche und verfahrensrechtliche Anforderungen an die Durchsetzung von Forderungen gegen den Insolvenzverwalter, insbesondere im Rahmen der Feststellung zur Insolvenztabelle, auch im Schiedsverfahren zu beachten; und eine Schiedsklausel kann ihre Wirkung gegenüber einem Insolvenzverwalter sogar gänzlich verlieren, wenn dessen Sonderrechte im Streit sind (so etwa bei der Insolvenzanfechtung und dem Recht des Verwalters, die Erfüllung gegenseitiger Verträge zu verweigern). Handelt es sich um die Insolvenz eines Unternehmens mit Standorten in mehr als einem Land, sind zudem auch internationale Regelungen zu beachten, in der EU insbesondere diejenigen der Europäischen Insolvenzverordnung (EuInsVO).

 

Andererseits ist auch ein Insolvenzverwalter nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung grundsätzlich an eine vom Insolvenzschuldner vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgeschlossene Schiedsabrede gebunden, und soweit sich keine zwingenden insolvenzrechtlichen Besonderheiten ergeben, folgt das Schiedsverfahren denselben Regeln, die auch gelten würden, wenn kein Insolvenzverfahren eröffnet worden wäre. Die schiedsrechtlichen Zuständigkeitsregeln treten dann auch an die Stelle etwaiger besonderer Gerichtsstände, die andernfalls für Klagen des oder gegen den Insolvenzverwalter gelten würden. Auch Verfahrenselemente aus ausländischen Rechtsordnungen, die in Schiedsverfahren üblich, der deutschen Zivilprozessordnung aber fremd sind, kommen in einem Schiedsverfahren unter Beteiligung eines deutschen Insolvenzverwalters ggf. genauso zum Tragen wie in jedem anderen Schiedsverfahren, selbst wenn an diesem nur deutsche Parteien beteiligt sind.

 

Die erfolgreiche Gestaltung eines Schiedsverfahrens mit insolvenzrechtlichen Bezügen erfordert m.a.W. eine doppelte Spezialisierung: Nur wer mit den Besonderheiten beider Rechtsgebiete gleichermaßen vertraut ist, ist nicht nur zum Umgang mit den ggf. erheblichen zusätzlichen Komplexitäten in der Lage, die aus dem Aufeinandertreffen dieser beiden Gebiete im Verlauf des Schiedsverfahrens selbst erwachsen können, sondern vermag es vor allem auch, die Fallstricke zu vermeiden, welche – werden sie übersehen – später zur Aufhebung des Schiedsspruchs führen können: Zentrale Elemente der deutschen Insolvenzordnung und des Insolvenzverfahrens sind nämlich nach Auffassung des Bundesgerichtshofs grundlegender Bestandteil der deutschen Rechtsordnung insgesamt (des so genannten ordre public), an dessen Einhaltung auch ein Schiedsgericht zwingend gebunden ist, wenn sein Schiedsspruch Bestand haben soll.

 

Internationale Schiedsverfahren unter Beteiligung (mindestens) eines Insolvenzverwalters stellen seit zehn Jahren einen Schwerpunkt meiner anwaltlichen Tätigkeit dar. Inhaltlich umfasst meine Erfahrung dabei Schiedsklagen sowohl für als auch gegen den Verwalter, die Geltendmachung von (oder Verteidigung gegen) Masseansprüchen ebenso wie Insolvenzforderungen, und gesellschaftsrechtliche ebenso wie insolvenzrechtliche, vertragliche und gesetzliche, z.B. deliktsrechtliche Ansprüche.

 

Eine Auswahl meiner aktuellen / jüngeren Mandate aus dem Kreuzungsbereich zwischen Schiedsverfahrens- und Insolvenzrecht finden Sie hier.

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© Rechtsanwältin Ulrike Böhm
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